Automatisierte Melksysteme haben die Milchwirtschaft bereits vor Jahrzehnten auf ein neues Level gehoben. Doch nicht jeder Betrieb möchte in einen brandneuen Melkroboter investieren. Hier kommen wiederaufbereitete Maschinen ins Spiel, die eine kosteneffiziente und nachhaltige Alternative bieten. Doch wie funktioniert die Wiederaufbereitung? Welche Standards müssen eingehalten werden? Und welche wirtschaftlichen Vorteile ergeben sich daraus?
Wir haben bei unserem Produktspezialisten David Tischlinger aus dem Lely Center nachgefragt und ein Interview geführt mit interessanten Antworten und Fragestellungen rund um das Thema wiederaufbereitete Maschinen.
David: Der gesamte Wiederaufbereitungsprozess beginnt bereits bei der Anschaffung des Roboters. Dabei kaufen wir hauptsächlich Maschinen von anderen Lely Centern, um die vollständige Historie des Geräts zu kennen. So lassen sich Wartungsintervalle, verbaute Teile und die Softwareversion nachvollziehen. Uns ist die Vorgeschichte des Geräts sehr wichtig, um unerwartete Kosten in der Wiederaufbereitung zu vermeiden, denn meistens zeigt sich der tatsächliche Zustand der Maschine erst während der eigentlichen Überarbeitung.
Vereinzelt kaufen wir auch gebrauchte Maschinen direkt von Landwirten, allerdings bevorzugt von unseren Kunden aus Österreich mit unserer Servicedienstleistung. Nur so können wir sicherstellen, dass der Service in unserer gewohnten Qualität und Regelmäßigkeit durchgeführt wurde.
David: All unsere Maschinen aus zweiter Hand werden ausschließlich von eigens dafür geschulten und zertifizierten Lely-Technikern wiederaufbereitet. Der gesamte Prozess bleibt in unserem Haus, um höchste Qualitätsstandards sicherzustellen.
Beim Wiederaufbereitungsprozess gibt es fest definierte Mindestkomponenten, die ausgetauscht werden müssen – insbesondere alle milchführenden Bestandteile. Während diese nur 30 bis 40 Komponenten umfassen, werden in der Regel insgesamt 200 bis 230 Teile erneuert. Die genaue Anzahl hängt von der Vorgeschichte der Maschine ab.
Unser Grundsatz lautet: Vorsorge statt Nachsorge – daher tauschen wir auch Teile aus, die bereits Verschleiß oder Gebrauchsspuren aufweisen, selbst wenn sie noch funktionsfähig sind. Ein Austausch der Komponenten im Wiederaufbereitungsprozess ist sowohl für uns als auch für den zukünftigen Besitzer des Roboters günstiger als eine Störung im laufenden Betrieb.
David: Ja, jede Maschine wird vor der Auslieferung 24 Stunden im Testbetrieb überprüft. Dabei stellen wir sicher, dass alle Komponenten dicht und funktionstüchtig sind, bevor sie an den Kunden übergeben werden.
David: Unsere aufbereiteten Modelle werden stets auf den neuesten Stand der Technik gebracht, bevor sie den Betrieb verlassen. Dabei spielt die Software eine entscheidende Rolle: Neue Hardware-Komponenten müssen mit der jeweiligen Software kompatibel sein.
Beispielsweise verbauen wir einen neuen Laser zur Erkennung der Zitzenpositionen – dieser funktioniert jedoch nicht mit den ältesten Softwareversionen. Daher führen wir Softwareupdates durch, die allerdings nur schrittweise möglich sind, da große Versionssprünge nicht unterstützt werden. Ein vollständiges Update kann tatsächlich mehrere Stunden dauern und wird natürlich in den Wiederaufbereitungsprozess eingeplant.
David: Ein regelmäßiger Service ist enorm wichtig. Die Wartungen am Roboter beeinflussen die Kompatibilität der Software und der Komponenten, da beim Service auch die Softwareversion aktualisiert wird.
Maschinen, die über Jahre nicht gewartet wurden, benötigen oft umfangreiche Anpassungen bevor diese zum Verkauf freigegeben werden. In solchen Fällen müssen wir Teile austauschen, die sonst noch funktionstüchtig wären, damit die Maschine mit der neuesten Software kompatibel bleibt. Das bedeutet einen erheblichen Mehraufwand und zusätzliche Kosten. Deshalb ist eine gut gewartete Maschine nicht nur besser für den Wiederverkauf, sondern auch zuverlässiger im täglichen Betrieb.
David: Wir unterscheiden beim Wartungsmodell nicht zwischen neuen und aufbereiteten Maschinen. Egal ob bereits der Roboter wiederaufbereitet oder neu produziert wurde – sobald eine Maschine unser Haus verlässt, muss sie voll funktionsfähig sein.
Unser Ziel ist es, den Wartungsaufwand so gering wie möglich zu halten und eine lange Betriebsdauer zu gewährleisten. Dieses Ziel erreichen wir, indem wir für alle unsere Maschinen ein gleichbleibend hohes Servicelevel beibehalten.
David: Wiederaufbereitete Roboter bieten eine attraktive Möglichkeit, Automatisierung in die Milchwirtschaft zu integrieren, ohne die hohen Anschaffungskosten eines Neugeräts tragen zu müssen. Der Preisunterschied zwischen einem neuen und einem gebrauchten Roboter liegt in der Regel zwischen 80.000 und 100.000 Euro.
Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese Maschinen in der Anschaffung günstiger sind als fabrikneue Modelle. Ein wiederaufbereiteter Melkroboter durchläuft bei uns eine umfassende Aufbereitung, bevor er wieder in den Verkauf geht. Dieser Prozess umfasst mehrere entscheidende Schritte. Ersatzteile, Softwareupdates und die Arbeit unserer geschulten Techniker summieren sich auf 25.000 bis 30.000 €.
Dennoch bleibt der Kauf eines aufbereiteten Roboters eine wirtschaftlich attraktive Alternative. Wir garantieren, dass auch Gebrauchtroboter den höchstmöglichen Qualitätsstandard erfüllen und eine zuverlässige Lösung darstellen.
David: Unser Sortiment umfasst eine breite Palette an Maschinen – von Juno und Discovery Collector über Milchtanks bis hin zu den Melkrobotern.
Bei den Astronaut-Modellen bieten wir gebrauchte A3, A3Next, A4 und A5 an. Das Sortiment ist natürlich abhängig von der Verfügbarkeit. Besonders bei Kleingeräten ist der Gebrauchtmarkt nicht sehr groß, da diese sehr robust sind und nur wenige Verschleißteile im täglichen Betrieb ausgetauscht werden müssen.
David: Auch wenn Landwirte gebrauchte Maschinen privat kaufen, führen wir vor der Montage eine umfassende Überprüfung durch, bei der die Maschine auf Herz und Nieren getestet wird. Diese dauert in der Regel zwei bis drei Tage, um sicherzustellen, dass alle Komponenten funktionsfähig sind.
Selbstverständlich werden etwaige Reparaturen durchgeführt und Bestandteile ausgetauscht, sollte das notwendig sein. Der Aufwand dafür hängt immer von der Qualität der Maschine im Einkauf ab. Da wir allerdings im Einkaufsprozess vom privaten Händler nicht involviert sind, können wir vorab nicht sagen, wie hoch der Aufwand für die Montage inklusive Aufbereitung und Überprüfung der Funktionsfähigkeit vom Astronaut ist.
Ein großer Vorteil unserer Maschinen gegenüber privaten Käufen im Internet ist, dass wir ein Jahr Garantie auf unsere wiederaufbereiteten Roboter bieten. Diese Sicherheit hat man bei einem privaten Kauf nicht.
David: Eine pauschale Aussage über die Lebensdauer eines Melkroboters - sei es gebraucht oder neu - gibt es nicht. Man kann nicht einfach sagen, dass nach einer bestimmten Anzahl an Melkungen oder nach einer bestimmten Betriebszeit der Roboter ausgetauscht werden muss.
Im Gegensatz zu Autos gibt es bei Melkrobotern keinen „Totalschaden“, wie beispielsweise einen irreparablen Motorschaden bei einem Fahrzeug. Denn nahezu alle Teile eines Melkroboters sind austauschbar. Dadurch kann die Maschine theoretisch unbegrenzt betrieben werden, solange die Wartung und der Austausch von Verschleißteilen regelmäßig erfolgen.
Die tatsächliche Lebensdauer hängt daher stark von der Wartungshistorie und der Pflege der Maschine ab. Je länger eine Maschine in Betrieb ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass Komponenten ersetzt werden müssen. Diese Wartungskosten lassen sich jedoch durch regelmäßigen Service unserer Techniker deutlich reduzieren.
Entscheidend ist, dass der Betreiber des Roboters vorausschauend handelt und nicht erst eingreift, wenn eine Störung auftritt.
David: Die Entscheidung, ob ein wiederaufbereiteter Melkroboter sinnvoll ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Besonders entscheidend ist die betriebliche Situation, da jeder Hof individuelle Anforderungen, finanzielle Möglichkeiten und Zukunftsaussichten hat.
Ein Melkroboter aus zweiter Hand kann insbesondere für ältere Landwirte ohne Hofnachfolger eine wirtschaftlich attraktive Lösung sein. In solchen Fällen ist eine Investition in einen neuen Roboter oft nicht rentabel, da die hohen Anschaffungskosten und der Wertverlust über die Jahre nicht mehr durch eine langfristige Nutzung ausgeglichen werden können. Dennoch möchten viele Betriebsleiter nicht auf die Vorteile der Automatisierung verzichten, da sie den Arbeitsalltag erheblich erleichtert und die Effizienz steigert.
Anders sieht es aus, wenn der Betriebsführer jung und motiviert ist. In diesem Fall ist die Anschaffung eines neuen Melkroboters die bessere Wahl, da moderne Geräte auf dem neuesten Stand der Technik sind, eine längere Nutzungsdauer haben und langfristig den technologischen Fortschritt nutzen können. Ein Melkroboter aus dem Jahr 2025 wird deutlich effizienter und langlebiger sein als ein Modell aus dem Jahr 2005.
Statt die Frage zu stellen, wo ein wiederaufbereiteter Roboter mehr Sinn macht, sollte man eher überlegen, welche Betriebe durch den Kauf eines Roboters aus zweiter Hand die Möglichkeit zur Automatisierung erhalten – und das bei vergleichsweise niedrigeren Investitionskosten.
Jeder Landwirt sollte sich vor dem Kauf eines wiederaufbereiteten Melkroboters überlegen, welche langfristigen Ziele er verfolgt und welche Investition ihm langfristig die beste wirtschaftliche und betriebliche Lösung bietet. Eine pauschale Aussage, wann es sich lohnt, kann man deshalb nicht treffen.